Le petit nation

Le petit nation heißt der neue Modeladen für Kinderbekleidung der Französin Mignon. Ist gewissermassen Programm – teure und korrekte Mode für Kinder. Überhaupt ist alles korrekt und ökologisch. Auch die Päarchenaufstellung in dem Film „Was hat uns bloß so ruiniert“ in dessen Zentrum drei aus der Wiener Kreativszene – kurz „Bobos“, soziologendeutsch für „Bourgeoise Bohème“ – stehen, die durch Schwangerschaft und dem neidischen und erfolgreichen Streben danach, sich für alternative Familienkonzepte abstrampeln. Und trotz ihrer Coolheit immer schweißgebadet sind. Le petit nation beschreibt aber auch den in diesem Film und dieser Lebenswelt herrschenden individuellen Protektionismus. Ich bin der Nabel der Welt, und in der Krabbelgruppe muß u.a. Stellung bezogen werden zu Rosinen im Müsli, da diese Trockenfrüchte sowieso nur Gift sind. Fakten! Ach diese schöne neue Welt der Altbauwohnungen und deren Bewohner, die so verzweifelt leben und lieben – auch ihre Kinder – und sich gleichzeitig durch ein sie begleitendes Filmprojekt beobachten.

Diese vermeintliche Offenheit und Gutmenschentum hinterlässt natürlich auch beziehungstechnisch ihre Spuren. Und so ist Stellas Affäre in einem Hotelzimmer par exellance ein wunderbarer Farbtupfer im ansonsten schwarz-weiß des erfüllten und nicht gefühlten aber diskutierten Lebens. Stella, die eine Filmhochschule besucht hat, ist noch am nächsten am wirklichen Leben dran, denn sie verläßt gegen Ende den Bezirk und damit auch ihre Lebensweltblase. Macht dort einen neuen Laden auf, repariert Fahrräder und „Kochen für Kinder geht gar nicht“. In diesem Bezirk. Gleichzeitig ist sie damit wahrscheinlich die Spitze der gerade dort beginnenden Gentifizierung. Das Rad dreht sich also weiter. Und das nicht nur in diesem Film, den man gekonnt einfach als Phantasieprodukt einer anderen Realtität abtun und damit vergessen könnte. Denn wenn ich gestern gelesen habe, das die Melodie von „Fuchs, Du hast die Gans gestohlen“ erst einmal nicht mehr aus dem Türmchen des Limburger Rathauses erklingen kann, da das Kinderlied einer veganen Tierschützerin auch in der Instrumentalversion zu heftig war, ist das genau der, oben genannte, individuelle Protektionismus. Dieses Mauern bauen. Gleiches finde ich auf „Zeit Online“ in dem Artikel „Vorsicht, Handarbeit!“, der sich mit lokalen Manufakturen und Weltverbesserung beschäftigt.

Wie wäre es also stattdessen einfach mal einen Stuhl zu nehmen, sich in einen Kreis zu setzen und laut und ohne Gender-Regeln über sich selbst loszulachen. Das tut gut. Genau wie Stella, die Gin-Tonic trinkt, im Gegensatz zu den viel anderen gesünderen Getränken im Film. Also einfach mal wieder runter kommen und mitsingen bei „Was hat uns bloß so ruiniert“. Und das verstehen. Das wir selber es waren und sind.

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