Wir haben Pakistan überstanden, die Bilder dazu meine ich. Die Wasserfluten sind weg, medial zumindestens und nun können wir uns den anderen Strömen der Informationsfluten widmen. Die Mitleidsindustrie hat Pause.
Die Mitleidsindustrie: genau das ist der Titel eines Buches vom Linda Polman, das die Effektivität von Hilfsorganisationen untersucht und zu einem desaströsen Ergebnis kommt. Denn die Hilfsorganisationen „tragen die Reinheit ihrer Rot-Kreuz-Prinzipien – Neutralität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit – wie ein Schild vor sich, her und finden es selbstverständlich, dass die Prinzipien wichtiger sind als deren Konsequenzen.“ Die Hilfsorganisationen sollten sich deshalb viel kritischer mit ihrer Rolle auseinandersetzen – und sich viel mehr Fragen stellen, zum Beispiel: Muss man ein verhungerndes Kind retten, wenn die Hilfe dazu führt, dass vor allem Milizen, die für diese Not verantwortlich sind, gestärkt werden? Heißt in der Praxis, wenn für die Durchführung von humanitären Leistungen im Land lokale Steuern und Gebühren bezahlt werden müssen, die in die undurchsichtige Quellen fliessen. Das ist eine versteckte Subvention um gut sein zu dürfen. Und das wir zu Hause nach dem Entsetzen über die Bilder (natürlich werden nur die dramatischten ausgesucht) und dem Ausfüllen von Überweisungsträgern und Scheckvordrucken wieder gut schlafen können.
Linda Polman: Die Mitleidsindustrie
Hinter den Kulissen internationaler Hilfsorganisationen
267 Seiten, ISBN-13: 9783593392332
Campus Verlag