Die armenische Post gibt sich mondän. Ich betrete eine große Halle, am anderen Ende scheinen die Schalter zu sein. Tatsächlich sitzt dort jemand, unverkennbar durch einen gelben Kittel gekennzeichnet (Dralon, Perlon?), was ästhetisch eine Herausforderung bedeutet. Die Aufgabe ist einfach und lautet: „Stamps to Europe“. Auch die Zahl ist niedrig und eindeutig, wobei schon das Zahlwort 10 im internationalen Sprachduktus nicht verstanden wird, das ich zusätzlich durch zwei Handbewegungen begleitet hatte. Wie dem auch sei, bekomme ich 20 Briefmarken, die aus einer Schublade herusgekramt und aus einem Bogen herausgerissen werden. Da elektronische Kassen fehlen, dient wie so oft das Anzeigefeld des Taschenrechners als Kommunikationsmittel.
Der Taschenrechner ist ein ganz wichtiges Hilfsmittel. Mit ihm werden die Dinge des täglichen Lebens erledigt: A – B = C, wobei auch beim Postkartenkauf kurze Zeit zuvor mittels des erwähnten Kommunikationsmittels mein 10.000 DRAM-Schein kleingerechnet wird und die Wechselgeldsumme anzeigt: 10.000 – 2.800 = 7.200 DRAM
Apropos Post: Die kaukasische Post ist an sich schon ein Erlebnis. Der Briefmarkenkauf in Sighnaghi in Georgien beginnt schon mit dem Abenteuer überhaupt eine Post zu finden. Der dann aufgefundene Raum ist dann in erster Linie ein Kolonialwarengeschäft oder -lager; viele Kisten, ein verstaubter Kicker, leere Schreibtische und auffällig ist das Fehlen jeglicher moderner Kommunikationsmittel wie z.B. ein Telefon. Insgesamt 5 Personen bevölkern sitzend den Raum. Auch hier werden die Briefmarkenbögen in Klarsichthüllen aufbewahrt, der Logik nach den aufgedruckten Werten gehorchend. Das Spannende ist allerdings, das ein Teil der Briefmarken mittels Schere dem Kundenwunsch angepasst werden muß. Wahrscheinlich war irgendwo eine Perforationsmaschine defekt. Denkbar wäre allerdings auch, das sich der Einsatz der besagten Maschine nach der Anzahl und Verkauf bestimmter Postwertzeichenwerte richtet, die aufgrund der besonderen Tourismusinfrastruktur als gering einzuschätzen ist. – Auch hier kommt natürlich der Taschenrechner zum Einsatz, über den das Verkaufsbüro selbstverständlich verfügt.