Was ein furchtbares schlechtes und etwas verwackeltes Foto aus der Tür der S-Bahn. Der Grafiker war gut, meine Sinnesrezeptoren sind auf diese Farben und Formen angesprungen und haben mich veranlasst auf den Auslöser – welch ein Wort – zudrücken. Und wie üblich drumherum – das Ein- und Ausstiegswirrwarr gepaart mit einigen Blicken, was es denn da zu fotografieren gäbe. Richtig, denn Ort, Entfernung und Licht sind nur bedingt tauglich, als das ich das aufgenommene Bild an die Amazon App weiterreichen könnte, die mir dann die Einkaufslisten von morgen präsentiert.
Ach, ihr Altgläubigen, wir befinden uns doch noch in der technologischen Steinzeit, und ich habe (noch) nicht das richtige Smartphone für das hyperoptimierte urbane und standardisierte Leben. Das solche Fotos nicht mal denken kann, weil persönlich werbungstechnisch nicht auf SocialMedia-Plattformen verwendbar. Aber ich brauche solche Gedanken jetzt auch schon gar nicht mehr zu haben, wenn „die neue KI-Szenenerkennungstechnologie (…) in Echtzeit 22 Kategorien und 500 Szenarien für ideale Fotos identifizieren“ kann. Alles ist gut. Alles ist schön. Ich könnte sooo glücklich sein.
Dennoch, ein Gedanke treibt mich dann doch noch um; was passiert eigentlich wenn ich mit einem KI-gesteuerten Smartphone ein anderes fotografiere? Und sei es nur eine Werbetafel? Erkennt die Software auch, das es ihr möglicherweise an den Kragen gehen könnte (Neukauf, umsatztechnisch gut) und wehrt sich mit der Verwendung einer sachlich ungeeigneten Szenenerkennung? Ein spannender Gedanke – aber ich bin mir sicher, das sich die Szene mit der Fotografie genauso abgespielt hat und das niemand außer mir die Hand im Spiel gehabt hat.
Aber kann ich mir wirklich sicher sein?