O’s Reise, 22. – 23. Mai 2010

Im Rahmen der Ruhr 2010 gibt es das Theaterprojekt „Odyssee Europa“ – sechs Schauspiele zum Thema Odyssee im Zeitraum von 2 Tagen inklusive privater Übernachtung, Fahrt und Adventurepackage.

Diese Odyssee im wörtlichen Sinne habe ich im Februar und März einmal als Gast und Mitreisender und das drauffolgende Wochenende als Gastgeber mitgemacht. Schon damals reizte mich die Idee über diese Reise ein Tagebuch zu schreiben. Dieses ist nun fertig und wurde parallel und zeitlich syncronisiert zur letzten Aufführung der „Odyssee Europa“ am 22./23.5.2010 über zwei Tage in diesem Blog veröffentlicht.

Dabei ist die Theaterreise sowohl Kulisse des Tagebuchs des Protagnisten als auch persönlicher Erlebnisraum; es ist eine private Odyssee des Erzählers O.


 

22. Mai, 8:00 Uhr
Hi, ich bin O. Ich hatte die Idee mit dem Pferd mit dem Pferd in T. Wir mussten einfach fertigwerden. Möglichst schnell. Wir wollten nach Hause. Nach I.
Und jetzt schreibe ich hier – Tagebuch – was mir so durch den Kopf geht – nach T und so.

22. Mai, 8:10 Uhr

Nicht jeder kennt unsere Geschichte. Deswegen hier, ich habe noch ein schlechtes Bild eines der ersten Modelle gefunden.

22. Mai, 8:15 Uhr

Und so sah es dann später aus. Das Foto stammt von einem Testlauf. Geheimnisvoll die Verpackung. Wir saßen dadrin. Sie mussten drauf reinfallen.

22. Mai, 8:20 Uhr
Liest mich eigentlich jemand? Vielleicht in der anderen Welt. In I?

Oder ist das nur ein großes Experiment?

22. Mai, 8:23 Uhr
Test, Test, geht das? Gehen meine Worte raus?

22. Mai, 8:27 Uhr
Überstanden – die Schlacht ist schon zur dumpfen Erinnerung geschrumpft – das Gemetzel – im Moment ist es zumindestens weg, weit weg … das Festmahl, die Feier, das Siegerbesäufnis …

22. Mai, 8:30 Uhr
Und jetzt – jetzt geht es zu den Schiffen, die seit Wochen schon hergerichtet werden. Jahrelang nicht gebraucht und deswegen fast verrottet. Heisst es.

Fort!

Heute nacht hatte ich einen Traum – die Bilder lassen mich nicht mehr los …

22. Mai, 8:35 Uhr

22. Mai, 8:40 Uhr

22. Mai, 8:45 Uhr

22. Mai, 8:50 Uhr

22. Mai, 8:55 Uhr
Was war das? Was sind das für Bilder? Bin ICH O, der mit der Krone, König von I ???

Oder produzieren die Kopfschmerzen durch die Besäufnisse der letzten Tage diese Fragen?

22. Mai, 9:25 Uhr
Jetzt, jetzt bin ich auf dem Weg zum Sammelplatz.

22. Mai, 9:40 Uhr
Bus kam nicht. Ein schlechtes Omen für die Reise. Habe einen vierrädigen Eselkarren genommen. Wir können Schlachten gewinnen, aber bei der Logistik hapert es dann doch immer wieder.

Die Fahrt zu den Schiffen – lang endlose Landschaften, am Wegrand ab und zu Pfützen, rote Pfützen. Auch wir haben wir gewütet.

Irgendwann nehmen wir jemanden mit. Ein Jüngling, ein Krieger von T. Er redet nicht. Er hört IPOD. Aus den Knöpfen im Ohr dingt der Beat der Schlacht und der Gesänge: tanz die Schlacht, make party on the battle, fuck, fuck T.

Dank Youtube weiss ganz G von uns. Den Song gibt es übrigens auch bei ITunes, sagen sie. Unser Ruf eilt uns voran. Was sagen eigentlich die Götter dazu? Haben sie nicht die Informationshohheit?

22. Mai, 10:30 Uhr
Ich bin an einem CheckIn. Absperrbänder, Schlangen. Visitation, Personen- und Einlaßkontrolle.

Muß mich jetzt im Blog abmelden??

22. Mai, 10:35 UhrIch fragte die, die dastehen – wachen Auges – bin ich hier richtig? Muss ich mich als König hier anstellen? Sie sagen ja, es ist zu deiner eigenen Sicherheit.

Das war früher nicht so. Haben die Angst vor Racheakten?

22. Mai, 10:50 UhrDie Waffen sind schon weg. A wollte sich rum kümmern.

Mein kleiner Beutel verschwindet – in fremden Händen. alles geht in Container. Ich bekomme ein Etikett.

Jetzt habe ich mich aufgegeben.

22. Mai, 11:00 Uhr
Allmählich … fange ich an mich zu freuen …..

Hi Folks: Last coffee here. Wie heisst das hier? – Café Central.

Hurray!!

22. Mai, 11:10 Uhr
Ich schaue der Bedienung hinterher. Wer ist die Bedienung – hier,

Gibst du mir Name, Handynummer, hhmmh – P? – ach P … !!! P ist weit weg.

22. Mai, 11:25 Uhr
Eben hat es laut geklingelt – Daraufhin stürmten sie alle los. – wohin? Und kamen nicht weit!!

Hineingepfercht in einem großen, hohen Raum mir vielen ansteigenden Sitzen. Sieht aus wie Warteraum, komischer Warteraum. Vorne vor den Sitzen ein Bretterboden. Alles ist schwarz. Der Raum füllt sich mit Menschen.

Ich kenne keinen der Menschen, die hier sind. Wo bin ich? Was ist jetzt?

22. Mai, 13:15 Uhr
Viel gesessen. Oh Mann, wir haben Video geguckt … und sonst nix.

Sie haben auf der Leinwand vorne etwas von einem Helden gebracht. Odysseus? Hieß der. Hat den gleichen Anfangsbuchstaben wie ich. „Lass uns von hier fortgehen“ – habe ich behalten – sagt der, der gerade ankommt, das will ich auch und auch nicht.

Fort – aber schnell. Wo ist der Hafen, wo die Schiffe? Scheiße nochmal, warum dauert das alles so lange? Ich will nach Hause.

22. Mai, 13:23 Uhr
Endlich draußen. Raus aus dem Bau. Stattdessen stehen vor dem Gebäude hunderte fremde Menschen (Eingeborene, im Krieg verdeckte Symphatisanten) mit Schildern auf denen unsere Namen vermerkt. Sie sagten, das sie unsere Begleiter sind. Sie würden uns zur nächsten Station bringen.

Und das es irgendwie ein Problem mit dem Einschiffen geben würde. Hätten sie gehört …

Naja T war an Gerüchten noch nie arm. Was soll denn das jetzt?

22. Mai, 13:30 Uhr
Jetzt ziehen wir zu sechst los.

22. Mai, 13:45 Uhr
Wohin?

Irgendwohin?

22. Mai, 14:05 Uhr
Wanderung durch eine restaurierte Zeit – ich weiß nicht wo wir hingehen – alte Gebäude mit fremden Formen, Materialien, Rohren, denen Funktion ich nicht kenne.

Was sich hier in Jahren alles verändert hat. Aus Dörfern sind Städte geworden. Fremd alles fremd, weil neu oder alt. Was wir alles für das Land getan haben …

Ich mache mal ein paar Fotos – kommen gleich.

22. Mai, 14:10 Uhr

22. Mai, 14:20 Uhr

22. Mai, 14:40 Uhr

22. Mai, 15:00 Uhr

22. Mai, 15:20 Uhr
Ich bin erschöpft, als wir endlich Pause machen.

In dem Gasthaus, in die wir gegangen sind, diskutieren zwei Studenten, über Bücher geneigt, über das Sein. Eine belustigende Szene, während ich mein Bier schlürfe; Ihre Ernsthaftigkeit und mein Ich-sein.

Als wir gehen, frage ich sie nach Ihrem Büchern: Martin Heidegger: Sein und Zeit. Das habe ich auch in I stehen, aber nie gelesen und verstanden.

22. Mai, 15:50 Uhr
Jetzt bin ich wieder allein. Der Begleiter hat sich verabschiedet und sagte, das er uns bis hierhin bringen sollte. Mehr wisse er auch nicht.

Wenigstens habe ich ein paar andere Mitreisende kennengelernt. Ich verrate ihnen aber nicht, wer ich bin.

22. Mai, 15:55 Uhr
Wieder warten, wieder in einem so großen Raum – Warteraum. Wieder ein Großleinwand.

Auf der direkt vor meinem Sitz läuft eine Filmsequenz in einer Schleife.

22. Mai, 16:01 Uhr
Das Meer, die Wellen, aber es ist schwarz, schwarzes Wasser, Brackwasser. Ich stehe in diesem Wasser, es umspült mich, meine Füße, aber ich spüre meine Füße nicht, keine Füße, aber ich schwimme auch nicht, ich schwebe, mein Blick schwebt (?). Das wellentosen, Wellen, Wellen – ohne Ton. –

Ist es ein Traum? Ich schließe die Augen, um dieser Schleife zu entgehen.

22. Mai, 18:05 Uhr
Wenigstens dauert das nicht zwei Stunden, der Film, der dann folgte, war aber überhaupt nix; auf unbequemen Stühlen. Unterhaltung durch Wortspiele in einer riesigen Schuhschachtel. Langweilig, ermüdend. Es gab nicht einmal etwas zu trinken. Jetzt brauche ich aber etwas.

Ein Satz ist mir in Erinnerung geblieben: ().. edler Laetiad, erfindungsreicher Odysseus () was tust du – du bist es doch, du (…) Schon wieder dieser Name Odysseus. Soll mir das zu denken geben?

Das ganze hat doch irgendwann ein Ende.

22. Mai, 18:10 Uhr
Aus dem Wartesaal raus sind es wortreiche Gesten, die uns in Busse dirigieren. – Es geht weiter, irgendwohin.

Hat die Eventagentur Agamennon Nachfolger (AnnNF GmbH) endlich einen Weg zu den Schiffen gefunden? Ich höre schon das Meer….

22. Mai, 18:15 Uhr
Wir fahren. Endlich!!

22. Mai, 18:20 Uhr
Reparaturwerkstätten, Autos, Räder, Hunderte von Bauteile, die kein Ganzes ergeben – kein Nach Hause.

Ich poste mal, das was ich sehe.

22. Mai, 18:25 Uhr

22. Mai, 18:30 Uhr

22. Mai, 18:35 Uhr
Durchs Niemandsland; durch die vielen Niemande, die ich nicht kenne.

Keiner sagt, wo und wohin.

Haltepunkte, das sind: Stopps vor Ampeln, Mofas, Eselskarren, Hochzeiten, Alten und Gebrechlichen …

22. Mai, 18:41 Uhr

22. Mai, 18:45 Uhr

22. Mai, 18:50 Uhr

22. Mai, 19:00 Uhr
Und dann ausgespuckt über dunklem Asphalt, irgendwo in H. So heißt der Ort, sagte man mir. Dahin trotten die Massen der einst stolzen Krieger.

22. Mai, 19:05 Uhr

22. Mai, 19:08 Uhr

22. Mai, 19:10 Uhr
Wir dürfen keinem zu nahe kommen. Und wenn doch, wie eben, ein Fabriktor stand offen, dahinten war Licht, stand eine dunkle Gestalt dort, die Scheinwerfer auf uns gerichtet. Wachschutz, Sicherheitskontrolle. Und wieder grüßt das Murmeltier.

22. Mai, 19:12 Uhr
Dann kommen wir zu einem Hafen, ein paar Treppen, einen Deich hoch, Wasser und da liegen zwei Schiffe – für uns? Dagegen waren unsere Kriegsschiffe Ozeandampfer.

22. Mai, 19:15 Uhr

Und jetzt? Sollen wir damit nach I fahren? Wer hat denn den Blödsinn arrangiert?

Santa Monica – was für ein Name. Wer ist Santa Monika?

Klingt wie Santa P, die irgendwie in mir existiert, in einem Tunnel, in einem Keller lebend, in einem Schacht.

22. Mai, 19:23 Uhr
Wir sollten das mit den Schiffen lassen. Das bringt nichts. Lieber auf dem Landweg fahren. Es gibt mehr Autos als Schiffe. Ich bin an so vielen Parkplätzen vorbeigekommen. Naja Parkplätze für reparaturbedürftige Blechschlitten. Wenn es fährt – auch ohne Euro Norm 5!!!! Alles egal.

Aber hier bleiben bringt ja auch nichts. Wir bewegen uns jetzt. Wir haben abgelegt.

22. Mai, 19:40 Uhr
Durch fremde Landschaften, Lichter, Geräusche, Gestank; wir gleiten dahin. Es ist still.

Immerhin gibt es Essen und Bier!!

Unter Deck sitze ich mit dem Unterhaltungschef einen nicht fernen Amphitheaters zusammen

Er erzählt von den Proben zum letzten Drama. Wie schön er die Dinge sagt. Da kriegt man direkt Lust auf Reim und Musik. Habe ich eigentlich meine Leier eingepackt?

22. Mai, 19:55 Uhr

22. Mai, 20:00 Uhr

22. Mai, 20:15 Uhr
Kein Wasser mehr, kein Schiff. Man hat uns wortlos vom Schiff gescheucht; jetzt wieder im Bus, immerhin bequemer als der Letzte.

Ich habe die Phantasie den Bus zu kapern, dem Fahrer eine Knarre an den Kopf zu halten. Dann wird er fahren, wohin ich will. Ich habe aber keine Waffen. Alles abgegeben und aufgegeben. Ich kann nicht mehr.

22. Mai, 20:55 Uhr
Und dann wieder in so einem Raum mit fremden und ungekannten Menschen.

22. Mai, 23:10 Uhr
Wenigstens die letzten beiden Stunden waren vergnüglich. Auf der Leinwand der Film spielte in einem vermüllten Schwimmbecken, in dem 4 Männer leben. Darüber thront eine wunderschöne Frau mit dem Namen Penelope. Unnahbar – ein bisschen wie P.

Ich habe irgendwo so etwas schon mal gesehen.

23. Mai, 10:40 Uhr
Gestern abend hatte ich keine Lust mehr weiterzuschreiben. Nach dem Film war ich nur sauer und verärgert, denn irgendwann trat jemand vor die Gruppe und verkündete: Abfahrt frühestens morgen. Weil es im Boomland T keine freie Häfen für nicht vorab gebuchte Anleger gäbe. Jetzt ist es offiziell.

Dabei fing doch alles erst mit dem Krieg an. Wir haben gebaut und entwickelt. Jetzt wollen sie uns nicht mehr hier haben, aber uns auch nicht helfen, das wir fahren, weil das die wirtschaftlichen Kennziffern schädigen könnte.

23. Mai, 10:43 Uhr
Auf jeden Fall hatte ich ein nettes Nachtlager und ’ne Menge Wein zum Einschlafen. War nur allein.

Interessantes Haus und Zimmer, Bücher über Bücher und Kunst. So sah es aus.

23. Mai, 10:45 Uhr

23. Mai, 11:01 Uhr
Wie sollte es anders sein – Warteraum Nummer ? – ich kann sie nicht mehr alles zählen. Ist es nun der Vierte? Es kommt mir mehr vor.

Ich sitze fast in einem Schloss. Es gibt Kaffee. Dann wurden wir in die schon bekannten großen Räume mit Stuhlreihen geführt. Das Licht geht aus …. Kann nicht weiterschreiben.

23. Mai, 12:59 UhrWas war denn das?

Am Anfang nur Männer, die auf Automaten spielen. Wie wir – wie wir uns die Zeit vertrieben haben. In den letzten Jahren. Krieg kann richtig langweilig sein. So fing alles ganz harmlos an.

Ich bin wieder im Krieg. Ich will das nicht sehen. Ich will nicht erinnert werden. Die Väter sind tot, die Söhne verloren und überall dem stehen keine Götter mehr. Ein Engel mit Flügeln sucht im Müll nach Nahrung.

23. Mai, 13:01 Uhr

Ich habe das alles erlebt: Mord, Vergewaltigung, Plünderung, Müll.

23. Mai, 13:10 Uhr
Jetzt einen Schnaps – oder mehrere wie nach jeder Schlacht. Und keinen Rundgang durch einen Park.

Das ist ja schon Psychoterror. Welcher Glauben tröstet jetzt noch?

23. Mai, 13:15 Uhr
Ich habe einen Kritiker getroffen, der sagte: Das war grosses Kino.

Naja. Für den!!

23. Mai, 13:20 Uhr
Wenn das nur ein vernüftiger Actionsfilm gewesen wäre – mein Kopf könnte seine Filter aktivieren und sagen, Schwamm drauf – Alles erstunken und erlogen; aber das hier geht verdammt nahe.

Machen die das extra?

23. Mai, 13:28 Uhr
Es wird hier heiß diskutiert. Im Bus und wir fahren – mal wieder.

Gibt es nicht ein Wort für dieses hin- und herfahren? – und nicht ankommen. Ja, aber mir fällt es nicht ein. Der Krieg fordert seinen Tribut.

23. Mai, 13:33 Uhr
Auf jeden Fall, der der vorne sitzt, erzählt was. Ist wohl von der Entwicklungsgesellschaft T. Hört sich so an – wie Stadtführung.

Wir fahren am Wasser entlang, sehen Schiffe. Unsere sind nicht dabei. Überall nur Schiffe, unbekannte Schiffe und ein geschäftiges Treiben.

Wir fahren vorbei.

23. Mai, 13:36 Uhr

23. Mai, 13:40 Uhr

23. Mai, 13:50 Uhr
Schwenken auf breite Strassen …

23. Mai, 13:52 Uhr

23. Mai, 13:55 Uhr
und kommen dann – den Göttern sei Dank – irgendwann vor einem Schuppen zum Halt.

Was soll ich dazu schreiben außer Hunderten von Haßsmilies. Wo bin ich denn jetzt schon wieder? Hier weiß offenbar keine Hand, was die andere tut?

23. Mai, 13:57 Uhr

23. Mai, 14:00 Uhr
Ich wollte im Bus sitzenbleiben. Ich wollte diesen Platz nicht wieder verlassen. Ich wollte mich jeder weiteren Entwicklung, die ich nicht verstehe und auf die ich keinen Einfluss habe, verweigern.

Ich hab’s dann nicht getan. Eine junge Frau bat mich dann doch mit zukommen. Und wir gingen zusammen in diesen Schuppen.

23. Mai, 14:04 Uhr
Das Altbekannte. Reihen, Bänke, Tribünen. Dann Licht aus.

23. Mai, 15:58 Uhr
Ich glaube, ich bin ein bisschen getröstet, obwohl ich wieder im Bus sitze. Das war gute Unterhaltung. Da passierte viel. Wenigstens ging es nicht um Krieg.

Das war schon Klasse. Wie die mit dem dreirädigen Zweitakter rumheizten, als ob sie getrieben würden. Tolle rätselhafte Gestalten habe ich gesehen, jede Menge Eselsköpfe, die hinter einer jungen Frau hinterherliefen – und ich habe ein bisschen die Daumen gedrückt, das sie sie nicht kriegen.

Zum Schluss schien die Leinwand zu zerreißen und wir alle mussten uns durch einen Spalt durchzwängen und standen in einen lichten, silbernen Raum. ???

23. Mai, 16:15 Uhr
So werden wir geschaukelt, wir werden bewegt – von den großen Bewegern, (von Göttern mag ich nicht mehr sprechen – diese Miststücke ) – wir werden versorgt – mit Butterbroten = Catering auf altmodisch.

DAS IST KEIN TROST!!! Ich esse aus purer Verzweifelung.

23. Mai, 16:30 Uhr
Auf dieser öden Fahrt bin ich mit meinen Gedanken noch einmal bei gestern abend. Der Film mit dem Swimmingpool. Vor Jahren, war wohl noch in I, habe ich einen Horrorfilm gesehen, der auch in einem Schwimmbecken spielte. Er hieß … hieß, ja: Der Tod feiert mit.

Ein bisschen war das gestern so.

Und heute morgen? Das war mehr. Der Komparativ von Horror. Kämpfen, Siegen und dann nichts. Denn die Nachwelt entscheidet, interpretiert, was wirklich etwas zu bedeuten hat. Wir nicht. Wir beschreiben nur die Papiere.

23. Mai, 16:35 Uhr

https://www.gunwalt.de/blog/2010/05/os-reise-23-mai-1640-uhr/

23. Mai, 16:45 Uhr
Ach ja die junge Frau von eben, habe ich fast vergessen etwas über sie schreiben: N gehört zur Propagandaabteilung und dreht einen Film über unsere Heimfahrt. Ein Drehbuch hat sie aber nicht. Sie weiß auch nicht, was kommt. Merkwürdig!!

Schade, ich hatte gedacht, sie hätte den Plan, das dieses sinnlose Rumfahren Teil eines großen Planes ist.

23. Mai, 16:50 Uhr

23. Mai, 16:53 Uhr

23. Mai, 17:06 Uhr
Wir halten!! Jaja, ist schon gut. Wir haben oft gehalten und sind weitergefahren, langsam. Alles verstaut auf dem Weg nach D, hieß es. Was ist D und wo ist D? Hafen??? Interessiert mich das noch?

Wir müssen tatsächlich raus, dann geht auf ein hohes Gebäude zu, Türen öffnen sich …

23. Mai, 17:13 Uhr
Endlich das MAHL, das ich erwartet habe …

Geschrei, Getöse, Tanz, Musik.

23. Mai, 17:50 Uhr
Die Tische, die sich vor Speisen biegen, werden geleert, die Krüge auch.

Gleich bin ich besoffen. Besoffen von Trinken, besoffen vom Warten, besoffen vom Glück besoffen zu sein.

23. Mai, 19:00 Uhr
Zum Schluß noch „einen“ Wodka und dann Weiterreise im Pulk, in Schächte, im Dunkeln.

23. Mai, 19:10 Uhr

23. Mai, 19:12 Uhr

23. Mai, 19:16 Uhr
Ich glaube, ich habe das gestern schon geschrieben: wir ziehen durch eine dunkle, abstoßende Stadt, uns abstoßende Stadt. Wie schon so oft erlebt. Absperrungen dort, wo wir hinkommen. Polizei.

Wir dürfen keinem zu nahe kommen. Wer sind wir denn? Wir sind Aussätzige!!

23. Mai, 19:20 Uhr
Was erwarte ich eigentlich jetzt? Wir sind seit anderthalb Tagen unterwegs ohne das erkenntlich ist, wo es hin geht.

Wir irren, Tausende irren, Menschen, Soldaten, Könige, Helden, Angestellte, ICH und warten.

Ich will mich aber jetzt auch nicht mehr mit diesen billigen Pausenfüllern abspeisen lassen.

23. Mai, 19:25 Uhr

23. Mai, 21:50 Uhr
Trubel, Aufregung, Verzweifelung: Es ist soweit, es ist aus. Ich habe es irgendwo geahnt.

Gerade kam die Durchsage, das wir hier bleiben müssen. Für die ruhmreichen Krieger von T gibt es keinen Weg hinaus, es gibt keinen freien Hafen, für die Siegertruppen zumindestens keinen offiziellen.

Jetzt löst man die Armeen auf und rät uns allein oder in kleinen Gruppen den Heimweg zu beginnen. Na dann. Soll ich mich jetzt freuen, oder?

Und dann sehe ich noch dieses Plakat: „Odysseus, Verbrecher“ – mit dem Namen, der mir in den letzten Tagen häufiger begegnet ist.

Das Land hat sich von uns abgewandt.

23. Mai, 22:00 Uhr
Wir schreiben keine Geschichte auch wenn man uns das weißmachen will. Ich habe dies auf so vielen Tafeln und Schreibwerkzeugen gelesen. Nein, das ist falsch. Das ist eine Lüge.

23. Mai, 22:05 Uhr
N habe ich in diesem Trubel aus den Augen verloren. Das ist schade.

23. Mai, 22:15 Uhr
Dann gehe ich mal los. Wo gibt es denn noch ein letztes Bier?

23. Mai, 22:18 Uhr
Werde ich je ankommen?

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen