Die RedBull Generation

In einem großartigen Stück von Grobschnitt gab es 1979 die Textzeilen „du schaffst das nicht, du kannst das nicht, laß das sein“ und bei einem Konzert im Tor3 in Düsseldorf ein paar Jahre später entstiegen die Musiker dann unter mächtigen Orgelklängen den auf der Bühne stehenden Särgen … eine wunderbere Persiflage auf eine vermeintliche Null-Bock-Gesellschaft, für die ein Tag heute auch 28 Stunden hat und Koffein die Lider erfrischt.

Und das klingt dann so: Auf den Ohren die Beats, Schlagzeug, Baß, Takt der Maschinen, an die sich der Herzschlag anpasst oder muß. Weiter vorwärts, der Fahrradfahrer durch die Canyonlands gibt „Gas – Ich will Spaß„, wie es in einem Lied der neuen deutschen Welle hieß. Alles erscheint machbar, wie der umgesetzte Ratgebung einer Elterngeneration „wenn man sich nur anstrengt, kann man alles schaffen“.

Im Film 127 Stunden geht es eben darum. Um Mut, um Wagnis, um Genie und Größenwahn, für den nichts schlimmer als das Mittelmaß ist, das im Film in Erinnerung an die verlassene Freundin auftaucht. Ansonsten erfährt man nichts über sie.

Die grosse Bremse, nach einigen Stürzen, die weggelächelt werden, kommt in Form eines Felsens (oder einer Doktorarbeit, hier ist der Film ungewollt ungeheuer aktuell), der das Weiterklettern verzögert, bis die Erkenntnis alle Zellen des Körpers erreicht; nein hier wird nicht verzögert, auch nicht behindert, sondern  … jedes weiter so ist per se unmöglich.

Weiter so“ heisst und hiess aber auch ein Werbeslogan der CDU, der eben das suggeriert. Die Strassen sind endlos, die Macht, die Ressourcen und die Möglichkeiten, wobei wir bei den Strassen bildtechnisch wieder in der Unendlichkeit der Canyonlands wären, wenngleich alles Lebensnotwendige doch erst herangekarrt werden muß.

Also auf das Eingebaute zurückgreifen, in Form des Überlebenswillens, verzweifelt, halb verdurstet und halb verhungert. Dem Hauptdarsteller James Franco in 127 Stunden wird in der engen Spalte einiges abverlangt. Dabei hält sich der Film an die Geschichte von Aron Ralston der sich zum Ziel gesetzt hatte, alle 59 Viertausender in Colorado im Alleingang zu besteigen. Im April 2003 kam es bei einer Canyonwanderung im Blue John Canyon in Utah zu einem Unfall, bei dem ein Felsbrocken Ralstons rechten Arm einklemmte.

Und damit ist der Rest des beeindruckenden Film erzählt, die Selbstamputation als die Entscheidung für ein weiteres Leben, das nicht das bisherige ist. (Übrigens: Als Selbstamputation würde ich auf keinen Fall den Verzicht auf einen Doktortitel bezeichnen.) Das ist nicht das Ende der Lebensfülle und -geschwindigkeit; es ist vielmehr nun ein anderes, das da lautet: „er sagt jetzt immer, wo er hingeht“. Die Veränderung liegt vielmehr im veränderten Stellenwert des singulären Vorwärtskommen.

Das ist ja schon mal etwas … !!

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