Ich bin 679

Das sagt mir ein kleiner Zettel, den ein Apparat ausspuckt und mir auf diesem Weg mitteilt, was ich nun tun soll. Nämlich warten. Vor der Theke in einer Kassenschlange und es ist keine Stadtverwaltung oder öffentliche Hand, sondern ein Lifestyleladen eines Schweizer Weltkonzern, der hier Kaffeebohnenprodukte in Alu-Kapseln verkauft.

Aber irgendwie passt diese verbeamtete Zahlenariktmetik nicht zu diesen Lifestyleprodukten. Der Hintergrund dieser Aktion ist mir natürlich klar, es geht darum, nie wieder in der falschen und langsamsten Schlange zu stehen, Zeit ist Geld, aber dennoch, Schlangestehen kann auch Spaß machen, wenn am Ende zum Beispiel ein attraktives Verkaufstalent wartet, mit dem man nette Worte wechseln kann. Nicht so hier, denn hier finden sich nur die Nickmännchen der modernen Dienstleistungsgesellschaft – man ist fast im Neo-Seoul aus dem Buch und Film „Wolkenatlas“ – die weisen den Weg, weisen einem auch den Weg noch zu anderen Automaten im Erdgeschoß, wo ich besagte Alukapseln selber ziehen kann. Dafür brauche ich aber eine Kundenkarte. Und da ich die nicht habe, werde ich nach oben geschickt, zu einer persönlichen Abfertigung – mit Hindernissen, die mir aber einen individuellen Namen verpasst.

„Willkommen 679!!“ Fast ist es, als hörte ich eine dahingehauchte Stimme in meinem Ohr – „Hallo“- die mich auf die Absolutheit moderner Semantik einschwören will, „das hier sind wir“. Und alles klingt aber irgendwie in diesen Branchen gleich – „der Shop“, „das Auto“, alles aus Neusprech, nur mein „Nein Danke“ ist anders.

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