Flüchtige Geschichten

Es geht in diesem Buch von Philipp Baar „Flüchtlinge unterwegs nach Europa“, das im Manuela-Kinzel-Verlag erschien ist, um 5 Menschen, 5 Schicksale, die Ihre Heimat verlassen und ein anderes und neues Leben in Westeuropa beginnen müssen. Sie heißen Qaisar, Mohammed, Nadifa, Malek und Yassir und kommen aus Syrien und Somalia. Man kennt sie nicht, man lernt sie auch nicht wirklich kennen, aber die Typologie ihrer Odyseen ist prinzipiell gut vorstellbar.

Philipp Baar, geboren 1986, hat Philosophie, Germanistik und Komparatistik studiert. Arbeitet
als freier Journalist und unterrichtet Deutsch als Fremdsprache für Migranten, deren Geschichten ihn so bewegt haben, dass er sie aufgeschrieben hat. Das ist gut gemeint. Der Grenzbereich zwischen Journalismus und literarischer Fiktion, wie es im Vorwort über dieses Buch heißt, ist in Wirklichkeit aber ein Niemandsland, das den Leser kopfschüttelnd zurückläßt. Das Buch ist ein Flüchtiges seiner Selbst. Nur weiß man nicht wohin. Zu sehr wirken die Interviews transkribiert und literarisiert und dann auch noch mit großen inhaltlichen und sprachlichen Schwächen.

„Ihre Lage bessert sich ein wenig, als der Vater endlich kommt. Ihre Familie ist wieder vereint und Papa hat Geld dabei. Er hat in Syrien ihre Konten leergeräumt und das Haus verkauft. Für eine Weile sind sie halbwegs sorgenfrei.“

Aber natürlich geht es weiter. Ist dann das europäische Festland im wesentlich erst mal erreicht, ist die Geschichte auch schon fast zu einem guten Ende gekommen. Die Weiterreise und die folgenden Behördenkontakte werden dann nur noch kurz und rational abgehandelt.

„Wieder wartet Yassir; zur Belohnung bekommt er Reisepapiere. Die nächste Wochen jagt ein Flüchtlingscamp das nächste. Essen, Dortmund, Witten – in jedem bleibt er nur für ein paar Tage. Seine letzte Station ist Oberhausen. Der Arm ist wieder schlimm geworden. Er geht zum Arzt und läßt sich untersuchen.“

Das klingt schlimm. Schade. Aus Mitgefühl und fehlender Distanz des Autors (und des Lektorats) sind leider sehr dürre Geschichten entstanden. Die Geschichte und die Literatur ist das Eine und das Schicksal das Andere. Nicht immer passt das Eine zum Anderen.

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