Vulven malen

Heute morgen habe ich von einer stillen Begegnung geschrieben. Und über andere Formen von stillen Begegnungen mit bestimmt nicht weniger Transzendenz regen sich manche jetzt auf dem Kirchentag in Dortmund jetzt auf. So titelt „Die Welt“ etwa „Evangelischer Kirchentag erntet Spott für Workshop ‚Vulven malen'“. Okay, was auf den ersten Blick sehr befremdlich zu sein scheint, ist aber tief in der Kunst- und Kulturgeschichte verwurzelt. natürlich nicht das Malen, sondern die Darstellung an sich. Schon eine Kurzrecherche mit den Stichwörtern Vulva und Mytholgie fördert erstaunliches hervor; etwa Baubo – die Griechisch-kleinasiatische Göttin, Personifikation der weiblichen Fruchtbarkeit, Göttin des Lachens, etc. Auch eine Mandorla (ital. für „Mandel“), ein Fachbegriff aus der Kunstgeschichte und bezeichnet eine Glorie oder Aura rund um eine ganze Figur, lässt sich als versteckte Vulva deuten.

Tja, der arme Kirchentag und seine Protagonisten. Wie manche verzweifelt am Göttlichen festhalten oder vielmehr an dem was bisher immer so galt. Alles andere – unter den Teppich gekehrt. Und er, der von gestern, was würde er wohl dazu sagen? Denn „(…) als Mann und Frau schuf er sie.“ (1. Mose 1.27) – mit all ihren Bedürfnissen! Und dazu gehören natürlich Sexualität und Selbstliebe. Und das als Ich-Erfahrung ist natürlich immer auch eine Spirituelle. Und wie ich mit mir umgehe, ist meine Sache … ist in diesem Fall halt nur nicht institutionell. Deswegen auch der Widerstand.

Ähnliches gilt für den zweiten, umstrittenen Workshop „Schöner kommen“, der für mich theologisch einfacher zu verordnen ist. Denn die französche Umschreibung „le petite morte“ spricht eindeutig von etwas, einem Jenseits vielleicht und da ist Gott oder etwas Ähnliches auf jeden Fall mit dabei.

Übrigens, das Institut an der Osterfeldstraße in Dortmund-Eving, wo ich ich heute im Rahmen der Recherchearbeiten für mein Buchprojekt „frühsommerterritoriumdortmund“ vorbeigekommen bin, ist seiner Zeit weit voraus. Alles ist hier schon. Der Tod. Das Licht. Das Leben. Die Vulva. Und der Streit auf dem Kirchentag ist vollkommen unnütz.

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