Verbaler S-Draht

Gerade las ich auf Zeit online die Kolumne „Fünf vor acht“ mit dem Titel „Deutsche Putin-Versteher: Moskau lässt grüßen“. Abgesehen davon, das es die Formulierung „Moskau lässt grüßen“ in ähnlicher Form schon einmal in den finsteren 50er Jahren als Wahlplakat gab, ergibt sich die Kolumne in sehr einfach gestrickter perspektivloser Schwarz-Weiß-Schreierei, das den hier namentlich angesprochenen Putin-Verstehern aus der Politikerkaste für später ein business aus usual attestiert. Darüber zu mutmaßen bringt nichts, aber deren bisheriges Tun könnte schon fast den Straftatbestand des Hochverrats beeinhalten. Wirklich gefährlich finde ich die erhobene Formulierung ob Sarah Wagenknecht noch in Talkshows gehört. Und das auch noch als Zwischenüberschrift fettgedruckt.

Das ist dann auch kompletter Unsinn – aber man kann ja einfach einmal fordern – denn die Frage müsste eigentlich perspektivisch heißen, ob man überhaupt Talkshows braucht – inzenierte verbale Showkämpfe ohne Blut natürlich, da sonst zuviele Triggerwarnungen zuvor eingeblendet werden müssten; es darf ja schliesslich nichts und niemandem wehtun. Oder ist dieses Format, das es erst mit der sog. ‚geistig moralischen Wende‘ in den 80ern auftauchte, nicht mehr eine Zeitvernichtungsmaschine für gelangweilte Mitmenschen mit Attest, s.u., die dazu noch einige voyouristische Zuge haben dürften. Brot und Spiele!! Wie dem auch sei.

Auf jeden Fall eckelt mich diese singuläre Schwarz-Weiß-Schreierei ungeheuer an. Übrigens, der Konservative eckelt sich nach Aussage der Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling mehr als der Progressive. Diese Schreierei ist in der vorangegangenen Krise – immer noch nicht zu Ende – genauso gemacht worden. Der Putin-Versteher heute ist der Corona-Leugner gestern. Und vorgestern der Linke mit den roten Socken; Freiheit statt Sozialismus! Schon vergessen? Denken und Differenzierungen und Luft holen sind out, weil zu komplex – wann gibt es eigentlich wieder Kriegsanleihen oder ist das ‚Frieren für den Frieden‘ schon so etwas? – denn es herrscht eine allgegenwärtige „Fear of missing out“ (FoMO).

Gut gemacht Markt!
Weiter so, Deutschland!!!

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