Dman’s Tagebuch

Die altmodische Form des täglichen Protokollierens von Wichtigem und subjektiv noch Wichtigerem ist so ein bisschen aus der Mode gekommen. Schade eigentlich, denn selbst wenn das gerade Geschriebene vielleicht banal ist, kann es mit der Zeit noch einigen Bedeutungszuwachs erfahren. Die neumodische Form ist heute der Blog, wobei hier die Erhaltungsherrschschaft über das Wort der Technik übereignet worden ist. Und das macht das Ganze wenig kalkulierbar.

Um so wichtiger, das es neben den schriftlichen Ausgaben des literarischen Kanons, auch immer wieder andere Zeitdokumente gibt. Jetzt gibt es ein literarisches Tagebuch des Schauspielers Rolf Dennemann; eine 365tägige Reise durch Hochkultur und Provinz des vergangenen Kulturhauptstadtjahr.

„Samstag, 15. Mai 2010; Bekomme heute Knöllchen aus mehreren Städten: Dortmund, Essen und Unna, die Local-Hero-Zusatzkosten sozusagen. Die Zahlung in Unna geht an: ‚Der Bürgermeister‘. Sehr kurios, woanders heißt es Stadt oder Zahlungs stelle oder Finanzstelle oder so was. Aber in Unna kriegt die Kohle direkt der Bürgermeister.

Schicht im Schacht. Heute ist Luftballontag. ehemalige Schächte der Arbeit, tief im Innem der Erdschichten einst eingerichtet, um den Arbeitern die Körper zu zerschinden. Ab heute steigen gelbe Ballons auf 80 Meter Höhe, eben davon zeugend, wie was und wo es mal war, das Bergmannsglück. Es kommt alles noch einmal zum Zuge, was diese Region an Klischees geschaffen hat.

‚Die Festwoche auf Fürst Leopold zur Aktion Schachtzeichen ist bekanntlich geplatzt. Trotzdem soll vom 22. bis 30. Mai mit reduziertem Kulturaufkommen an die einst drei Zechen im Stadtgebiet erinnert werden.‘ Das ist wunderbar und muss in meine Liste aufgenommen werden: ‚reduziertes Kulturaufkommen‘.“

Diese verbale Konstruktion muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen und sie wird augenblicklich zur Istanalyse der Hochsprache vom Kulturschaffenden. Und so geht es weiter in dem Buch. Das ist wirklich alles amüsant zu lesen; Erlebnisse, Gedankensplitter, Normales und Kurioses, verpackt in eine schöne literarische und poetische Sprache, manchmal wie ein endloses Streiflicht der SZ. Klasse!

Weitere Infos über das Projekt, das es auch als Hörspiel und literarische Tournee gab, und Bestellung unter rd-man@t-online.de.

www.artscenico.de

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