Ruf mich nicht an!

Heute morgen bin ich schon beim Zeitunglesen beschimpft worden. Was für ein schöner Tagesanfang. Es zieht mich aber gar nicht runter, denn ich stehe zu meinem Laster, denn ich telefoniere noch. Und zwar gerne. Und so sind solche Sätze  – und es sind keine Beziehungsabbruchssätze – wirkungslos, aber ärgerlich, die ich im Artikel „Ruf! Mich! Nicht! An!“ gefunden habe: „Und Anrufen wird das Rauchen der zwanziger Jahre – eine rücksichtslose Gewohnheit, die lange als unabänderlich galt. (…) Ein ärgerliches Überbleibsel aus dem Analogzeitalter (…)“ Okay, dann bin ich halt anlog und andere sind es auch noch. Was der Schreiber des Artikels aber nicht berücksichtigt, das ich beim Telefonieren natürlich noch weitere Optionen zu parallelen Tätigkeiten offen habe; zum Spülen, zum Putzen, zum Rauchen und auch zum Whatsapp-Schreiben. Somit bin ich dann doch wieder im zeitgemässen Multitasking-Modus und damit auf dem Höhepunkt der Zeit. Was man aber von den Menschen, die mit gesenktem Kopf in den Straßenschluchten entlangziehen nicht behaupten kann. Und dann wäre noch dem Leser FjodorMDostojewski  – vom Namen her auch so ein analoger Typ – zu zustimmen: „Wir sollten vielleicht den Dialog komplett abschaffen. Dieser wird komplett überschätzt. Laut Philosophen ist dies der einzige Vorgang, bei dem der Mensch sich weiterentwickelt. Und eine Entwicklung der Persönlichkeit ist sicher nicht gewünscht. Wer nicht mehr in den wirklichen Dialog geht – zum Beispiel auch nicht mehr wirklich telefoniert, wird damit zum reinen Konsumenten, der nur noch stumpfsinnig seine derzeitig eingebildeten Bedürfnisse pflegt. Er hängt sich selbst aus der Gesellschaft aus. Und dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass bei einem effektiv geführten Gespräch viel mehr – auch Information – ausgetauscht wird, als bei jedem hin- und herschreiben.“

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