Bottrop ist – wie der Geierabend mal meinte – die westlichste Stadt Polens oder die östlichste der Niederlande. Im Jahre 2018 ist das aber anders, weil es neue und andere Themen in der Öffentlichkeit gibt. Dann nämlich endet hier mit der Stilllegung des letzten Bergwerks in Bottrop und im Ruhrgebiet, der Zeche Prosper-Haniel, die Förderung von Steinkohle in Deutschland; und damit auch ein riesiges Stück Kultur- und Identitätsgeschichte. Und nun?
Jetzt kommt die „Zukunftsstadt BOTTROP“. Die Imagebroschüre der Stadt schmückt sich auf dem Titel zudem mit den großartigen Worten „Blauer Himmel. Grüne Stadt“ und es folgt ein förderungstechnisch kompatibles Motto „VISION 2030+”. Und dazu ist FunCity Bottrop angesagt; die Freizeit der Stadt reduziert und komprimiert auf die Leuchttürme Tetraeder, Halde Haniel, Josef Albers Museum Quadrat, alpincenter Bottrop, Grusellabyrinth NRW, Freizeitpark Schloss Beck und Movie Park Germany.
Aber die Geschichte lässt sich natürlich nicht so einfach ablegen wie der alte Bergmannskittel nach der Schicht. Und dann hochziehen zum Trocknen und Lüften. Das merkt man auch daran, dass die „Zukunftsstadt BOTTROP“ nicht ohne das hier inflationär gebrauchte Wort „Glück Auf“ auskommt, dem alten Bergmannsgruß nämlich, wo man sich wünscht etwas Verlorenes wieder aufzufinden. Was immer das nun in der Gegenwart ohne Zechen sein mag. Und zu diesem Suchen passt sehr gut der Titel des Fotobuches des Ruhr Museums aus dem Jahr 2011 „Alles wieder anders – Fotografie aus der Zeit des Strukturwandels“.
„Bottrop – Die Stadt mit der letzten Kohle“ nimmt jetzt diese mittlerweile historische Linie wieder auf. Dieser neue und jetzt nächste Strukturwandel kommt ohne Zeche (und bald auch ohne Hüttenwerke) aus. Ist ungelenkt und weiß noch nicht recht wohin, wobei das Wort Zukunft irgendwo immer im Kopf ist. Für die fotografische Beschreibung dessen lässt sich problemlos eine Anlehnung an Heinrich Hauser machen, der Ende der 1920er Jahre als Fotograf das Ruhrgebiet mit seinem Sportwagen bereiste und über den es heißt: “Seine Fotografien verbinden die Charakteristika des neuen Sehens mit dem spontanen Zugriff eines rasenden Reporters auf die Wirklichkeit“.
Guntram Walter: Bottrop – Die Stadt mit der letzten Kohle
120 Seiten, 25 × 20 cm, vierfarbig,
broschiert, print-on-demand
ISBN 978-3-942974-49-3
edition dpe
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