Im meinem Kalender (und auch auf Veranstaltungsseiten der Stadt) stand für den 3. November 2018 eingetragen Bürgerfest „Danke Kumpel“, Prosper II. Das ist in Bottrop und da ich gerade ein Fotobuch (Bottrop – die Stadt mit der letzten Kohle, edition dpe), gemacht habe, dachte ich, das dies eine interessante Veranstaltung sein konnte. Um so mehr bin ich erstaunt, das es sich bei dieser dezentralen Veranstaltung, die dann auch gar nicht auf Prosper II stattfindet, um eine handelt, für die es irgendwo und irgendwann Eintrittskarten gegeben hat und nun, wenige Tage zuvor, alle natürlich vergeben sind. Hat jemand vielleicht das Wort Bürgerfest ganz anders als ich verstanden, für den das nach einer offenen Veranstaltung klingt. Das ist extrem bedauerlich und wirkt nicht sehr transparent.
Und so heißt es am Ende also „Danke Kumpel“. Das Jahr des Abschieds ist fast vorbei. Zumindestens von der Steinkohle. Aber was sagt eigentlich jetzt ein Braunkohlenkumpel zu diesem gefeierten Hype im Ruhrgebiet? Wird es in ein paar Jahren in den Tagebauen im Rheinland – nämlich Garzweiler, Hambach und Inden – ähnliche Veranstaltungen geben? Wohl kaum. Und dann ist man ganz schnell bei der Frage, was eigentlich gedankt werden soll. Landschaftszerstörung, respektive neudeutsch Landschaftsneuformung, Altlasten, Wasserprobleme über und unter Tage oder generell das du Kumpel dein Leben gelassen hat, dich kaputt gearbeitet hast für unseren bequemen Fortschritt heute. Dies alles ist leider richtig und hinterlässt bei mir einen etwas eigenwilligen Geschmack für so ein Fest. Oder soll es um diese restaurative Bergbauromantik gehen von Kumpel zu Kumpel, also Heldengeschichten, die man noch seinen Kindern erzählen kann – damals in 1389 m Tiefe im Flöz Zollverein, in der Bauhöhe XYZ und der Walzenlader klemmte … Kann man aber in einer anderen und sehr bitteren Form bei Max von der Grün „Irrlicht und Feuer“ oder bei dem jüngst erschienen Roman mit unbekannten Autor „Die Männer von Louise“ viel besser und lebensnaher und ehrlicher nachlesen. Und wie unterscheiden sich dann diese Kumpelheldengeschichten strukturell von jeder anderen z.B. Seefahrergeschichte. Sind und waren auch Helden.
Auf der Zeche Zollverein findet dann am kommenden Samstag auch so ein Teil dieses „Danke Kumpel“ statt. Allerdings bin ich dann heute auf eine sehr eigenwillige Geschichte gestoßen. In keinster Weise erschließt sich mir, warum diese Feuerstehlen auf dem Foto mit dem Schriftzug „Danke Kumpel“ als Typografie die Fraktur oder die Schwabacher oder eine Anlehnung daran benutzen. Ich finde, das das eine überholte deutsche Schriftversion mit belasteter Geschichte ist und zudem in keinster Weise zu dem Areal Zollverein passen. Zwar gibt an der oberen Schachthalle den Namenszug der Zeche in ähnlicher Schrift. Hat der Designer oder der Betriebsführer vielleicht …? Hier sollte der Geschichtsinteressierte natürlich wissen, das es sich dabei nicht um den Orginalschriftzug handelt. Davon gibt es natürlich Fotografien. Und so beißen sich das Plakat von Albert Renger-Patsch – derzeit als sehenswerte Ausstellung im Ruhrmuseum – und das „Danke Kumpel“ typografisch heftigst und stehen eigentlich fast als unversöhnliche Gegensätze nebeneinander. Also Kunst und Geschichte gegeneinander!
Vielleicht ist aber überhaupt der Grundgedanke von „Danke Kumpel“ schwer verständlich, was sich nicht nur hier zeigt. Denn es musste irgendein Fest in das große Programm zum Schluss des Veranstaltungsjahres.